Wenn Lissabon zum Tech-Zentrum wird
Wenn die gemütlichen Gassen und Cafés von Lissabon vollgepackt von Startups, Investoren und Tech-Enthusiasten sind, dann ist wieder einmal Web Summit: 3 Tage Konferenz Non-Stop.
Was wir 2019 erwarten: 8 Learnings vom Web Summit 2018
Der diesjährige Web Summit war größer als je zuvor: 70.000 Teilnehmer aus 170 Ländern trafen sich in Portugals Hauptstadt Lissabon, um die Zukunft des Webs und die neuesten Trends aus der Startup- und Technologie-Welt zu diskutieren. Meine Mitgründer und ich waren Teil des Web Summit 2018 “Alpha” -Programms, mit dem wir unseren KI-Assistenten Neo den Teilnehmern an unserem Stand vorstellen konnten und die Konferenz – einschließlich aller Nebenveranstaltungen mit Investorentreffen, “Night Summits” und Workshops – besuchen konnten.

Wenn du den Web Summit nicht besuchen konntest – oder von der gigantischen Größe überfordert warst – haben wir hier für dich die Qunitessenz der 3 vollgepackten Tage auf 8 Learnings destilliert: Hier also die Trends und Themen vom Web Summit 2018, die uns in den kommenden Jahren begleiten werden.
Ein neuer Vertrag für das Web
Als Tim Berners-Lee vor etwa 25 Jahren das World Wide Web erfand, wollte er Freiheit und Zugang zu Informationen gewährleisten. Mittlerweile haben “Fake News” und Desinformationen quasi die Überhand genommen – und zeitgleich sind nun mehr Menschen online, als je zuvor: Für Tim ist es an der Zeit, den “Reset”-Knopf zu drücken. Er will so einen Vertrag, eine “Magna Charta”, für das neue Web definieren und wird dabei von globalen Tech-Playern wie Google unterstützt.
Kapital als Massenware
Mit den rasant ansteigenden Bewertungen und Milliarden-Exists hat Venture Capital neue Flughöhen erreicht: Kapital ist quasi allgegenwärtig und schon fast ein Allerweltsprodukt. Der Venture Capital Markt ist daher laut Tom Stafford (DST Global), Trae Vassallo (Defy.vc) und Juliet de Baubigny (Kleiner Perkins) ein Markt, der maßgeblich von Gründern bestimmt werden kann. Wie jedes Startup und Unternehmen müssen sich Venture Capitalists nun mehr und mehr von ihren Mitbewerbern differenzieren.
Tom Stafford hat das treffend formuliert:
VC = money (a commodity) + “get out of way” + “be a resource”
VCs sollten Gründer nicht erklären oder gar diktieren, wie sie das Unternehmen zu führen haben. „Es ist deine Firma. VCs sind hier, um zu unterstützen“, stellt Trae Vassallo klar. Bei der Kapitalsuche müssen Gründer relevante Investoren ausfindig machen, die tatsächliche Mehrwerte – abgesehen von “nur Geld” – schaffen.
Innovation findet überall statt
“Spekulation ist nicht der einzige Use-Case für die Blockchain” – das betont Jalak Jobanputra, Gründungspartnerin von FuturePerfect Ventures. In den Bereichen KI, Deep Tech und Crypto/Blockchain gibt es unzählige, interessante Bewegungen. Quasi per Definition sind diese Startups verteilt und dezentral: Innovation findet buchstäblich überall statt. Es ist umso wichtiger, über die typischen Valley-Hotspots hinaus zu schauen – vom “Hidden Champion” Karlsruhe über Osteuropa und den Nahen Osten bis nach Afrika.
Deep Tech ≠ Risky Moonshots
In den vergangenen 50 Jahren legte die Forschung den Grundstein für das, was wir heute in Deep Tech und speziell in der Künstlichen Intelligenz sehen. Entgegen der weit verbreiteten Auffassung geht es bei Deep Tech Startups nicht darum, schwere, kapitalintensive und höchst unsichere Grundlagenforschung zu betreiben.
Wenn du also “Deep Tech” in der “echten” Welt nutzbar machen möchtest, geht es darum, mit Technologie einen Mehrwert für das Leben deiner Kunden zu schaffen. Dazu musst du „etwas finden, das hinreichend nah an der Kommerzialisierung ist“, so Sonny Vu, Gründer von Alabaster. Eine Technologie, die seit 10 oder 15 Jahren erforscht wurde und jetzt in den Startlöchern steht, wirkliche Mehrwerte zu leisten. Oder anders gesagt:
“Data by itself is useless, you canʼt sit on it like oil. Only how you use it counts.”
Markus Löffler, Allianz
Every year is the year of voice
Allein Amazon hat dieses Jahr über 2,2 Millionen “Smart Speaker” verkauft. Siri, Google Assistant und Alexa begleiten uns durch den Alltag – und Kinder wachsen heute täglich mit ihnen auf. Zain Gulamali vom Alexa Fund stellt klar: „every year is the year of voice“. Das Schöne dabei ist, dass Spracherkennung und die zugrundeliegenden Technologien mit zunehmender Nutzung immer besser werden. Es ist also nur eine Frage der Zeit, bis “Conversational Interfaces” bzw. Unterhaltungen mit digitalen Systemen zum Standard für Software-Interaktionen werden. Dies ist auch die zugrunde liegende Hypothese mit unserem AI-Assistenten für Business.
Mit Assistant Investments, angeführt von Dialogflow / API.ai-Gründerin Ilya Gelfenbeyn, zollt auch Google diesem Trend entsprechend Tribut. Einer der Pluspunkte des Web Summits ist ganz klar, dass Führungskräfte und Investoren nur eine Textnachricht entfernt sind – und Ilya besuchte direkt unseren Stand und hat mit uns über die Zukunft der digitalen Assistenten und zukünftige Potenziale gesprochen. An dieser Stelle auch nochmals vielen Dank an Ilya für den Input!

Digitaler Input/Output wird (semi-)autmatisiert
David Yang, ABBYYs CEO, hat zusammen mit seinem VP für Produktmarketing, Bruce Orcutt, einen Workshop über die Zukunft unserer Arbeit gehalten: Zwei Drittel aller Mitarbeiter gaben zum Beispiel an, ihren Papierkram schon jetzt am Liebsten an Roboter delegieren zu wollen. Unternehmen wie ABBYY liefern hierbei die zugrunde liegenden Technologien.
David illustrierte sein gedankliches Modell zur Automatisierung digitaler Arbeit. Künstliche Intelligenz und Robot Process Automation sind hierbei in der Schlüsselposition, uns einen gewissen Prozentsatz unserer Arbeit abzunehmen.

Investiere in dich selbst, sowohl mental als auch physisch
Was Alexis Ohanian, Gründer von Reddit, gerne von Investoren gehört hätte, bevor er Reddit gestartet hatte, erzählte er auf sympathische Art und Weise auf dem Web Summit. Er stellt klar, was er vom zunehmend aufkommenden “Hustle Porn” – also der “Idee, dass, wenn du nicht leidest und zu jeder Stunde arbeitest, du nicht hart genug arbeitest” – hält: Laut Alexis ist das “einer der giftigsten und gefährlichsten Trends in der Tech-Industrie”. Er hätte sich gewünscht, dass VCs ihm schon damals gesagt hätten, dass Investition in sich selbst und in die eigene Gesundheit – sowohl physisch, als auch psychisch – entscheidend für den Erfolg des eigenen Startups sind.
Wie lange bis zur “General Artificial Intelligence”?
Greg Brockman ist CTO von Open AI, einer gemeinnützigen Organisation zur Förderung der KI-Forschung. Sie suchen nach Wegen zur „sicheren allgemeinen Künstlichen Intelligenz“. Ein System, das quasi auf oder gar über menschlichem Intelligenzniveau autonom agiert, würde uns vor ganz neue Probleme stellen. Da die “Rechenpower” quasi der Treibstoff der Künstlichen Intelligenz ist – und es in den letzten 6 Jahren einen 300.000-fachen Anstieg der Rechenpower im Bereich neuronalen Netzen gab – müsse man sich schon jetzt den Fragen der Zukunft stellen.
Was zur allgemeinen KI noch fehlt, ist eben noch mehr Rechenpower. Klar gibt es noch bestimmte Herausforderungen (z.B. Kreativität o.ä.), aber hierzu gibt es schon Ideen und Ansätze, wie Open AI diese Themen angehen würde.
Greg stellt sich also die Frage: Wo möchtest du deine Wette platzieren? Dass die allgemeine KI niemals erreicht wird, und somit gar kein Problem ist, oder aber dass es einen Weg zu einem allgemeinen künstlich-intelligenten System gibt? Für Open AI liegt die Antwort auf der Hand: Ihre Ansätze und Ideen im Bereich der KI haben bisher funktioniert, und die fehlende Rechenpower ist nur eine Frage der Zeit. Sie wissen also, wo sie ihre Wetten platzieren.
Hey, cooler Beitrag. Wusste gar nicht, dass Ihr auch auf dem Web Summit ausstellt. Großartig! Wir sehen uns back in Karlsruhe 🙂
Danke, Tom! 🙂